Janine Köpfli wusste schon früh, dass sie Journalistin werden wollte. Dementsprechend zog sie nach der Matura ein Praktikum bei der Zeitung dem Studium an einer Uni vor. Sie blieb bei der Zeitung hängen und machte berufsbegleitende Ausbildungen zur dipl. Journalistin und in Betriebswissenschaft. Insgesamt war sie fast 20 Jahre als Journalistin tätig, bei verschiedenen Medien und in unterschiedlichen Positionen. Vor vier Jahren wechselte sie dann ins Regierungsgebäude. Dort ist sie als Mitarbeiterin der Regierung im Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur für den Bereich Kultur zuständig. Mit ihrem Partner, ihren zwei kleinen Kindern und einem grossen Kater lebt sie in Schaan. Für Hobbys bleibt nicht viel Zeit. Sie liest gerne, im Moment vor allem die drei ???, weil das die Kinder so lieben. Janine Köpfli ist 42 Jahre alt.

Wo und wie sind Sie aufgewachsen?

Ich bin mit einer zwei Jahre jüngeren Schwester, mit Mama und Papa und vielen Tieren in Schaan aufgewachsen. Wir lebten nah am Waldrand und wenn ich an meine Kindheit denke, sehe ich mich vor allem draussen, wie ich bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit mit den Nachbarskindern spiele und herumtolle. Wir sind in einer Siedlung aufgewachsen. Es hatte viele Kinder in unserem Alter. Wir waren oft im Wald, haben im Brunnen gebadet oder stundenlang geschaukelt. Ich hatte immer Tiere: Katzen, Hasen und Hamster. Aber vor allem Kanarienvögel. Meine Kanarienvögel lebten draussen in einer Voliere, die ich zusammen mit meinem Papa gebaut hatte. Die Vögel waren mein Ein und Alles. Ich ging auch sehr gerne zur Schule. Ich hatte vor allem in der Primarschule tolle Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben oft musiziert, gemalt und gebastelt. Und wir haben Theater gespielt und Filme gedreht. Ich hatte eine wunderschöne Kindheit und war einfach ein rundum glückliches und fröhliches Kind.

Meine Schwester und ich mit Mama
Meine Schwester und ich haben sehr oft gebastelt, hier im Studio mit Papa.

Könnten Sie Ihren Werdegang schildern?

Nach der Matura war mir klar, dass ich nicht gleich wieder die Schulbank drücken wollte. Daher legte ich ein Zwischenjahr ein, absolvierte mein erstes Praktikum bei einer Zeitung und ging für mehrere Monate nach Kanada. Wieder zurück wusste ich eigentlich noch mehr als vorher, dass ich Journalistin werden wollte, begann dann aber doch in Basel ein Geschichtsstudium. Es ergab sich, dass bei einer Zeitung Volontäre gesucht wurden. Das war es! Das Studium hängte ich vorerst an den Nagel und kehrte zurück in meine geliebte Redaktion. Berufsbegleitend liess ich mich zur dipl. Journalistin ausbilden. Insgesamt war ich fast 20 Jahre als Journalistin tätig. Ich arbeitete in unterschiedlichen Funktionen und Positionen aber vor allem für Printmedien. Im Schreiben hatte ich meine grosse Leidenschaft gefunden. Zuletzt war ich stellvertretende Chefredaktorin beim Liechtensteiner Vaterland und ich leitete die Kulturzeitung «KuL». Auch nach der Geburt meiner Kinder war klar, dass ich wieder in den Redaktionsalltag einsteigen würde. Ich wurde dann vom Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur im wahrsten Sinne des Wortes «abgeworben». Seit fast vier Jahren bin ich nun zuständig für die kulturpolitische Agenda und die Beratung und Unterstützung der Ministerin in kulturpolitischen Themen. In Kürze werde ich die Stelle wechseln und bei der Gemeinde Vaduz als Fachverantwortliche für Projektkommunikation beginnen.

Moderation einer Veranstaltung im Kulturerbejahr 2018 als Mitarbeiterin der Regierung

Gab es bestimmte Ereignisse oder Stationen, die für Ihren Werdegang prägend waren?

Ich konnte immer machen, was ich wollte. Und ich machte eigentlich auch immer genau das, was ich mir in den Kopf gesetzt hatte. Meine Eltern standen immer hinter mir und bekräftigten mich in meinen Ideen. Nach drei Jahren Realschule wollte ich ins Gymnasium. Nach der Matura wollte ich nicht studieren, nach dem Zwischenjahr wollte ich doch studieren, fand es aber blöd und hörte wieder auf – meine Eltern mischten sich nie ein und sagten immer, dass ich das machen soll, was mir mein Herz sagt.

Meine Mutter ist Schneiderin, mein Vater hat ein eigenes Film- und Videostudio und hat lange Zeit auch als Modellbauer gearbeitet. Mein Umfeld war stets kreativ tätig und ich hatte immer das Gefühl, dass meine Eltern alles, aber wirklich alles konnten. Und wenn ich eine Idee hatte und beispielsweise etwas basteln wollte, dann konnte ich entweder ins Nähatelier oder ins Studio gehen und dort fand ich immer, was ich brauchte an Werkzeugen, Materialien, Farben und, und, und. Das hat mich in der Ansicht geprägt, dass immer alles möglich ist, wenn man es nur will und sich dementsprechend bemüht.

 

Gab es bestimmte Personen, die für Ihren Werdegang prägend waren?

Meine Eltern, aber auch meine Schwester, mit der ich immer alles besprechen und mich immer austauschen konnte. Es gab Heldinnen und Helden in meiner Jugendzeit, beispielsweise meine Rock’n’Roll-Trainerin, die eine tolle Frau war. Sie war Trainerin und gleichzeitig eine sehr gute Freundin, die mich Ausdauer und Biss lehrte und dass es am Ende vor allem auch auf eine positive Ausstrahlung ankommt. Ein Lehrer in der Realschule, der meinte, dass ich sehr gut schreiben kann. Eine Journalistenkollegin in meinem ersten Praktikum bei der Zeitung. Sie war eine sehr gute Schreiberin, von ihr lernte ich, was ein guter Text ist und dass jedes Wort in einem Text zählt. Wenn es ums Schreiben geht, hat mich vor allem auch meine Mutter geprägt. Sie hat zu Beginn alle meine Artikel gelesen und korrigiert. Von ihr habe ich die Feinheiten der deutschen Sprache gelernt. Mein langjähriger Chef bei der Zeitung. Von ihm lernte ich vor allem, was Loyalität heisst und dass sich ein Chef immer wie ein Löwe hinter sein Team und seine Mitarbeiter stellt, ganz egal, was kommt. Er war und ist einfach ein toller Mensch, der immer ein Ohr für Sorgen hatte und auch immer einen Ratschlag wusste.

Hat Sie Ihr Umfeld in Ihrem Werdegang unterstützt?

Ja, eigentlich immer.

 

Welchen Tätigkeiten gehen Sie derzeit nach?

Ich bin als Mitarbeiterin der Regierung im Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur für den Bereich Kultur zuständig.

Mit Regierungsrätin Aurelia Frick an der Eröffnung des neuen Postmuseums in Vaduz

Erfüllt Sie das, was Sie derzeit machen?

Die Arbeit gefällt mir, vor allem weil ich in ganz unterschiedliche Kulturbereiche hineinsehe und auch Veränderungen bewirken kann. Trotzdem ist für mich nun die Zeit für eine Veränderung gekommen. Ich freue mich auf die neue Herausforderung bei der Gemeinde Vaduz, wo ich unter anderem für die Erarbeitung und Betreuung von Projekten zuständig sein werde.

 

Denken Sie, dass Sie selbst darauf einen Einfluss haben, ob Ihre Tätigkeiten erfüllend sind?

Bestimmt, daran glaube ich ganz fest. Allerdings musste ich auch immer wieder erfahren, dass ich nicht alleine auf der Welt bin und mein Glück und meine Erfüllung auch andere Menschen mitbestimmen, zumindest kreuzen sie ständig meinen Lebensweg. In den meisten Fällen sind es genau diese Begegnungen, die eine Tätigkeit erfüllend werden lassen. Es geht immer auch um andere Menschen, um die Arbeit im Team, um gemeinsame Projekte. Ich finde die Erfüllung draussen bei den Menschen und nicht irgendwo in einem Büro, wo ich alleine vor mich hinwerkle.

 

Was oder wer inspiriert Sie im Alltag?

Wenn ich mit meinen Kindern einen Spaziergang durch den nahegelegenen Wald mache und Naturschätze sammle. Mich inspirieren aber auch gute Gespräche, zum Beispiel mit Tom Büchel, dem Amtsleiter für Kultur.

Was oder wer gibt Ihnen im Alltag Kraft und Energie?

Am Arbeitsplatz meine guten Kolleginnen und Kollegen, die immer ein offenes Ohr und Zeit für einen Schwatz haben. Zu Hause sind es vor allem meine Kinder, die stets ungeduldig sind und nur so vor Kraft und Energie strotzen.

 

Es gibt «magische Momente», in denen alles zu passen scheint. Momente, die erfüllen, inspirieren und Kraft geben. Momente, die bestätigen, dass sich der Einsatz lohnt und dass das, was man macht, sinnhaft und wertvoll ist. Haben Sie solche Momente in Bezug auf Ihre eigenen Tätigkeiten schon erlebt?

Ja, die gibt es. Gerade diesen Sommer habe ich einen solchen «magischen Moment» erlebt. Es war im Zusammenhang mit einem Kulturprojekt. Es sah so aus, als ob das Projekt nicht zustande kommt, aus ganz verschiedenen Gründen. Doch dann klappte es doch noch. Zusammen mit den richtigen Leuten konnte das Projekt «Mit #Abstand auf Kultour» gerettet werden. Und nicht nur das, es entstand eine tolle Sache daraus. Es hat alles gepasst. Es hat unglaublich viel Energie gebraucht, aber am Ende hat sich alles mehr als gelohnt, weil das Projekt Künstlerinnen und Künstler zurück auf die Bühne und das Publikum nach der langen Coronadurststrecke im Frühling wieder in den Genuss von guter Live-Kultur brachte. Ich habe das Projekt wahnsinnig genossen, es hat mir auch die Augen geöffnet und mir gezeigt, dass sich solche «magische Momente» nicht kaufen oder erzwingen lassen. Sie passieren dann, wenn sie passieren. Mit den richtigen Menschen! Das Projekt war mit ein Grund, warum ich mir intensiv Gedanken über meine Tätigkeit zu machen begann. Irgendetwas fehlte.

Als ich in der Zeitungsredaktion als Journalistin tätig war, gab es diese «magischen Momente» viel öfters. Zum Beispiel im Zusammenhang mit Menschen, die ich treffen durfte, Menschen, die mir Einblicke in ihr Leben gaben. Es waren teilweise Begegnungen, die so stark und unvergessen waren, dass ich heute noch daran denke. Ich hatte eine Vorliebe für Geschichten und Themen, die sonst vielleicht niemand angefasst hätte. Geschichten über Menschen ohne laute Stimme, ohne Lobby. Themen jenseits der Welt der Politik und Wirtschaft. Das war es immer, was mich am meisten interessierte und auch faszinierte. Jeden Tag war das Gefühl erfüllend, eine Zeitung gemacht zu haben. Ich ging immer mit einem zufriedenen Hochgefühl nach Hause und kehrte am nächsten Tag mit viel Energie in die Redaktion zurück. Die gemeinsamen Momente im Team sorgten für «magische Momente» und das Wissen, dass jeder alles gibt, damit wir gemeinsam eine Zeitung machen können.

Tun Sie aktiv etwas dafür, damit sich solche magischen Momente einstellen können?

Ich möchte wieder vermehrt schreiben. Und ich möchte mich mit Menschen austauschen, die mir Energie, Magie und Erfüllung geben.

Zum Abschied meiner Zeit im Vaduzer Medienhaus bekam ich eine personalisierte Zeitung - ein Geschenk, das mich bis heute sehr berührt und begeistert.

Gibt es Momente, in denen Sie an dem, was Sie machen, zweifeln?

Es gibt auch solche Momente, Momente, die unaufhörlich an mir nagen, mich stressen und mich unglücklich machen. Sehr oft haben solche Momente mit Menschen zu tun, die mir nicht guttun. Ich habe gelernt zu akzeptieren, dass nicht alle Menschen zu mir passen. Früher glaubte ich, ich müsse es mit allen gut haben, ich müsse immer nett zu allen sein, dann werden auch alle nett zu mir sein. Das ist ein Trugschluss. Heute weiss ich, dass ich Menschen, die mir Energie nehmen, aus dem Weg gehen muss. Sie sind für mein Glück nicht entscheidend und können getrost ausgeklammert werden.

 

Können Sie schwierigen Momenten rückblickend etwas Positives abgewinnen?

Schwierige Momente muss man erleben, damit man lernt, mit ihnen umzugehen. Wir reden zwar viel lieber über die positiven Momente, die uns in unserem Leben prägen. Aber es sind vor allem die negativen Momente, die uns weiterbringen, weil sie uns zeigen, wann wir einen anderen Weg einschlagen sollten.

 

Gibt es etwas, was Sie rückblickend anders machen würden?

Ich würde das Geschichtsstudium abschliessen. Bis heute habe ich das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Und bis heute glaube ich, dass ich in dieser schwierigen Situation von damals jemanden gebraucht hätte, der mich überzeugt hätte, dass ich dieses Studium abschliesse, weil es wichtig ist, gewisse Dinge durchzuziehen.

 

Möchten Sie mit Ihren Tätigkeiten etwas zur Gesellschaft beitragen?

Durch meine Arbeit als Journalistin und meine Arbeit als Regierungsmitarbeiterin sehe ich tief in die Gesellschaft hinein und ich weiss, wie viel es braucht, um wirklich – ich meine wirklich – etwas zu verändern, etwas vorwärtszubringen und am Ende etwas beizutragen. Ehrlich, selbstlos etwas verändern? Etwas zum Wohl der Gesellschaft beitragen? Ich habe Menschen getroffen, die das können, die sich einfach hingeben für eine Idee und nie danach fragen, was sie dafür bekommen. Aber ganz ehrlich? Das sind ganz, ganz wenige Menschen … Die meisten fragen irgendwann, vielleicht nicht sofort, aber irgendwann fragen sie: «Und was ist mit mir?» Darum versuche ich einfach, im Rahmen meiner Möglichkeiten etwas zu tun. Ich glaube, ich kann schon mit einem gut geschriebenen Text etwas zur Gesellschaft beitragen. Wenn mehr daraus wird, umso besser!

 

Ist Ihnen die Anerkennung von anderen Personen bzw. von der Öffentlichkeit wichtig?

Anerkennung ist wichtig. Jeder braucht Anerkennung in einer gewissen Form und in einer gewissen Dosis. Ich habe gemerkt, dass ich persönlich mit einer recht kleinen Dosis zurechtkomme, es ist mir weniger wichtig. Wichtig ist mir dagegen, dass ich anderen Personen gegenüber wertschätzend und anerkennend bin.

 

Wie gut können Sie von dem, was Sie beruflich tun, leben?

Ich kann und konnte immer gut von meiner beruflichen Tätigkeit leben. Das ist nicht selbstverständlich, das weiss ich. Ich bin dankbar dafür.

 

Gibt es etwas, das Sie derzeit besonders beschäftigt?

Ja, dass der Einfluss von einzelnen Menschen mich verändert hat. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich Mich-Selbst bleibe, ganz egal, was kommt.

 

Gibt es etwas, womit Sie sich in Zukunft gerne (verstärkt) beschäftigen würden?

Ich würde gerne wieder mehr schreiben, Menschen treffen, Geschichten hören, Themen übersetzen, damit sie alle verstehen, inspiriert werden, um hoffentlich, nicht zuletzt durch Begegnungen, etwas zurückgeben zu können.

 

Wofür sind Sie im Leben besonders dankbar?

Für meine Kinder, meine Familie und dass wir alle gesund sind.

Interview
Laura Hilti, Oktober 2020


Illustrationen

Stefani Andersen


Credits

Moderation Kulturerbejahr: ikr, Eddy Risch
Eröffnung Postmuseum: Landesmuseum, Sven Beham
Zeitung: Vaduzer Medienhaus
Alle anderen Fotos: privat

Dieses Interview ist Teil des Projekts «Magic Moments» des Kunstvereins Schichtwechsel, in dessen Rahmen Menschen zu ihrem Werdegang, ihren Tätigkeiten sowie magischen und schwierigen Momenten befragt werden.

Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung Liechtenstein und die Stiftung Fürstl. Kommerzienrat Guido Feger.

 

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