«Wenn man Leute für eine Idee begeistert, dann werden die auch alles tun, damit das stattfindet. Und das ist eigentlich meine Aufgabe. Wenn ich an ein Theater komme und ein kompliziertes Bühnenbild haben will zum Beispiel, machen die Sachen möglich, das glaubt man gar nicht. Und das hat noch gar nichts mit Kunst zu tun. Das hat nur mit Begeisterung zu tun. Der Rest – was Kunst ist – dass muss man dann eben auch schaffen.»

«Wir haben ja immer gelernt auf der Regieschule: wir sind Wirkungsmechaniker. Ich finde es immer dann interessant, wenn Spielweisen anders in einen Stoff eingreifen. Also wenn das Spiel entsteht, wenn der Schauspieler dann frei wird in einer wahnsinnig aufwändig konstruierten Situation. […] Also wenn man sagt, dass es eigentlich gar nicht um das Stück geht zum Beispiel, sondern nur, inwiefern ein Schauspieler es schafft, sich die Rolle anzuverwandeln. Und diese Bedeutung übersetzt man wieder ins Stück. Also es sind ja formale Spielchen von mir am Laufen. Die merkt ein Zuschauer ja oft gar nicht. Die bringen aber den Schauspieler ins Spielen. Ich finde, das ist die Kunst. Wenn man das schafft, dafür gibt es kein Rezept. Da gibt es Techniken, die hie und da mal helfen:man beschreibt, man hilft, man hat Ideen, Einfälle, aber den wirklich ins Spielen zu bringen… Irgendwann kommt ein unterbewusster Vorgang und das ist dann wahrscheinlich Kunst. Ich weiss es nicht.»

«Ich hab ja immer gedacht, Regie ist so ein toller Beruf, weil man das ja bis zum Tod machen kann. Wie man ja bei den sehr geschätzten verstorbenen Kollegen sehen konnte, dass die bis zum Ende gearbeitet haben. Das find ich grossartig. Und dass man sich bis dahin entwickeln kann, dass man nie fertig ist, immer am Suchen. Das hat mich eigentlich – abgesehen davon, dass man so nah an Menschen dran ist – am meisten gereizt. Wenn ich irgendwann sagen kann: «Jetzt kann ichs!» und dann macht man das eben sein Leben lang. Also man kann es nie und man kann es immer. Ich find’s einfach gut, früh Erfolg gehabt zu haben. Man darf eben arbeiten. Man kriegt die Sachen nicht mehr vorgeschrieben, mir muss nicht mehr jeder reinreden. Man wird ja oft so geschulmeistert, wenn man jung ist. […] Man möchte auch einfach sein Zeug machen. Man möchte sein Spielzeug selber zusammenbauen.»

«Ich glaube, am Theater – und das nervt mich schon oft, zu sehen – dass es dann jemanden gibt, der die Welt neu erklärt und einen neuen Aspekt aufweist und dann eben zeigt, die Dinge sind so und so und so und so müssten sie eigentlich laufen. Und wer weiss das schon. Man muss Stellung beziehen mit Wünschen. Aber man kann nicht Stellung beziehen mit Aussagen. Das ist ein total hybrider Vorgang.»

«Und wenn wir Theater thematisieren im Theater, dann bleibt man im Theater. Aber da fällt mir nur der Satz ein: Wenn wir über die Welt reden, wer ist denn ausser uns sonst da – aus der Welt. Es sind ja nur wir da. Und das heisst nicht, dass man nicht nach draussen schaut. Aber es heisst, dass man von diesem Standpunkt aus nach draussen schaut und sich auch immer klar ist, dass die meisten Leute – ich mein: Wie viel zahlt man für eine Theaterkarte in Zürich? Wie viel Geld muss man erst mal haben, um da reinzugehen. Und wie viel Zeit muss man erst mal haben, um da reinzugehen. Und wie viel Deutsch muss man erst mal können, und zwar Hochdeutsch. Wie viel muss man erst mal können, um das geniessen zu können. Das sind wahnsinnig viele Voraussetzungen. Das grenzt schon mal die Anzahl der sozialen Realitäten ein. Und von da aus muss man auch immer kucken.»

«Theoretisch ist alles möglich. Aber dann gibt es eben diesen irrationalen Teil: Wo geht bei mir der Motor an oder wo tut mir wirklich was weh?»

«Ich versuche immer wieder, komplett neue Projekte zu machen, neue Stoffe zu nehmen. Einfach nur, um zu kucken, wie weit komme ich oder was passiert da mit mir? Sonst fang ich an, mich selber wieder abzuspulen.»

«Woran kann man denn scheitern? Man kann in einer Freundschaft scheitern. Oder man kann an seinen eigenen Moralvorstellungen scheitern. Man kann [am Theater] einen schlechten Abend machen. Das ist mir auch schon passiert. Klar ist es so, wenn man versucht, etwas herauszufinden und danach nicht dahin kommt, das kann schon passieren. Dieses Wort «scheitern» wird mir irgendwie immer fremder. Nicht, weil ich nicht scheitern würde, sondern weil ich nicht weiss, was es bedeuten soll. Es gibt viele Sachen, die weh tun und so weiter. Natürlich ist man dann in seiner Eitelkeit gekränkt, wenn jemand was nicht gut findet von einem. Aber deswegen ist man doch nicht gescheitert. Im Theater werden immer diese grossen Worte benutzt. Und das ist genau der Grund, warum man sich als Regisseur selber den Wert geben muss. Weil man am Ende einer Arbeit immer selber weiss, wie weit man mit dem gekommen ist, das man wollte. Was der Kritiker sehen wollte oder was der Zuschauer sehen wollte ist eine andere Frage.»

Auszüge aus einem Interview auf SRF 2, Reflexe mit Kaa Linder

 

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Antu Romero Nunes inszeniert derzeit am Wiener Burgtheater Isabel Allendes «Geisterhaus». Erstmals kommt der Debütroman der chilenischen Schriftstellerin aus dem Jahr 1982 auf die Bühne. Mit Geistern und Gespenstern kennt sich der 30-jährige Regiestar aus Tübingen bestens aus. Am Zürcher Schauspielhaus hat er den Kinderklassiker «Alice im Wunderland» für Erwachsene inszeniert, und die irrlichternd irre Lebensreise von Ibsens «Peer Gynt» war als Gastspiel zu sehen.

Vier Jahre sind seit seiner Ausbildung zum Regisseur vergangen. In dieser kurzen Zeit hat Antu Romero Nunes an allen bedeutenden deutschsprachigen Bühnen inszeniert, Preise gewonnen und grosse Erwartungen geschürt.

 

Quellen

Interview/ Portrait/ Bio: SRF2, Reflexe

Titelbild: Abendzeitung München // Volkstheater