Sunhild Wollwage stammt aus Stuttgart. Sie lernte den Beruf der Laborantin und arbeitete in Stuttgart, Köln und Zürich. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit besuchte sie kunsthandwerkliche Kurse. Nachdem ihre Kinder geboren waren, gab sie die berufliche Tätigkeit auf. Seit 53 Jahren lebt sie in Liechtenstein und ist nun 83 Jahre alt. Sie ist seit vielen Jahren als Künstlerin tätig.

Wo und wie sind Sie aufgewachsen?

Ich bin in Stuttgart aufgewachsen. Durch meine Mutter hatte ich Beziehung nach Norddeutschalnd in der Nähe von Cuxhaven, das ich immer wieder besuchte. Da unsere Mietwohnung im Februar 1945 total zerstört wurde, verloren wir alles. In der Nachkriegszeit versuchte mein Vater mit Nachhilfestunden für Kinder und Englisch für Erwachsene seine Familie über Wasser zu halten. Leider wurden die Stunden oft mit Naturalien beglichen, sodass ein ständiger Mangel an Geld bestehen blieb. Ich besuchte ein musisches Gymnasium bei dem mir klar wurde, dass meine Neigung in Richtung Kunst ging.

Könnten Sie Ihren Werdegang schildern?

Ein Studium der Kunst war aus finanziellen Gründen damals nicht möglich. So entschloss ich mich eine Laborantenlehre zu machen und arbeitete ein paar Jahre in verschiedenen Laboratorien auf diesem Beruf.

 

Gab es bestimmte Ereignisse oder Stationen, die für Ihren Werdegang prägend waren?
Als wir 1967 nach Liechtenstein kamen, gab es weder eine Kunstgesellschaft noch einen Verein der Künstler. Ich versuchte daher mit Künstlern in Liechtenstein und der Schweiz Kontakt aufzunehmen.

Gab es bestimmte Personen, die für Ihren Werdegang prägend waren?

Mein Schwiegervater hat mich von Anfang an unterstützt. Er war selber Maler und Graphiker und nahm meine Neigungen zu Kunst sehr ernst.

 

Hat Sie Ihr Umfeld in Ihrem Werdegang unterstützt?

Da war am Anfang mein Schwiegervater und später verschieden Künstler in Liechtenstein und der Schweiz. Finanziell war ich abgesichert durch den Verdienst meines Mannes.

Welchen Tätigkeiten gehen Sie derzeit nach?

Meine heutigen künstlerischen Arbeiten haben eine enge Beziehung zur Natur. Ich arbeite hauptsächlich mit Naturmaterialien.

 

Erfüllt Sie das, was Sie derzeit machen?

Ja, es erfüllt mich, oft ist es aber ein langer Weg bis zum befriedigenden Ergebnis.

Was oder wer gibt Ihnen im Alltag Kraft und Energie?

Ich mache täglich einen Waldspaziergang. Auch wenn es regnet. Was ich dort sehe und finde gibt mir Kraft und Sicherheit und stärkt mich zum Weitermachen für Neues im Gleichen.

Es gibt Momente, in denen alles zu passen scheint. Momente, die einen erfüllen, inspirieren und die einem Kraft und Zuversicht geben. Momente, die einen darin bestätigen, dass sich der Einsatz lohnt und dass das, was man macht, sinnhaft und wertvoll ist. Haben Sie solche «magischen Momente» in Bezug auf Ihre eigenen Tätigkeiten schon erlebt?

Ja das gibt es immer wieder.

 

Tun Sie aktiv etwas dafür, damit sich solche «magischen» Momente einstellen können?

Ja, lange einsame Spaziergänge und Wanderungen.

 

Gibt es Momente, in denen Sie an dem, was Sie machen, zweifeln?

Ja, solche Momente gibt es! Ich weiss aus Erfahrung dass diese Momente nicht von Dauer sind. Sie regen zum Nachdenken an und so finde ich immer wieder einen neuen Weg um weiterzumachen.

Ist Ihnen die Anerkennung von anderen Personen bzw. von der Öffentlichkeit wichtig?

Wichtig? Vermutlich nicht, aber eine Anerkennung gibt mir auch immer wieder zusätzlichen Antrieb um weiterzumachen.

 

Wie gut können Sie von dem, was Sie beruflich tun, leben?

Die momentane Situation (bin in Rente) erlaubt mir frei und ohne Zwang zu arbeiten. Von dem Erlös aus der Kunst könnte ich nicht leben.

Wofür sind Sie im Leben besonders dankbar?

Ich hoffe, dass ich weiter gesund bleibe und immer wieder Menschen begegne, wo ein Funken springt. Ausserdem bin ich dankbar, an einem Ort zu leben, wo man frei und ohne widrige Umstände arbeiten kann.

Interview
Laura Hilti, Mai 2021


Credits

Foto ovale Formen: Ernst Malin

Alle anderen Fotos: Sunhild & Peter Wollwage

Dieses Interview ist Teil des Projekts «Magic Moments» des Kunstvereins Schichtwechsel, in dessen Rahmen Menschen zu ihrem Werdegang, ihren Tätigkeiten sowie magischen und schwierigen Momenten befragt werden.

Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung Liechtenstein und die Stiftung Fürstl. Kommerzienrat Guido Feger.

>>> Alle Interviews