Susana Beiro-Shelper wuchs in Liechtenstein auf. Sie wusste schon früh, dass sie Tänzerin werden wollte und studiere Tanz in Zürich und Amsterdam. Nach mehreren Berufsjahren als Tänzerin arbeitete sie neben Auftritten als Tänzerin bei battleROYAL als Projektleiterin von grösseren und kleineren Firmenevents. Dazu gehörten die Kundenkommunikation, Vertragsvorbereitung, Künstlerbuchung und -betreuung, Budgetverwaltung bis hin zu kreativen Aufgaben wie Kostümmanagement. Vor zwei Jahren kam eine Weiterbildung zum Fitness Coach bzw. Personal Trainerin dazu. Momentan übt sie diesen Beruf Vollzeit aus. Zum zweiten Mal habe hat sie damit ein Hobby zum Beruf gemacht. Susana Beiro-Shelper ist verheiratet und lebt seit 15 Jahren in Berlin. Sie ist 40 Jahre alt.

Wo und wie sind Sie aufgewachsen?

Ich bin in Schaan mit einer liechtensteinischen Mutter, einem spanischen Vater und zwei jüngeren Schwestern aufgewaschen. Nach der Trennung meiner Eltern kamen weitere Geschwister und Partner dazu. Wir waren wahrsten Sinne des Wortes eine Patchwork-Familie.

Ballett-Aufführung

Könnten Sie Ihren Werdegang schildern?

Mit 12 Jahren entschied ich mich mit der Unterstützung meiner Tanzlehrerinnen Jacqueline Beck und Beatrice Herzog dazu, professionelle Tänzerin zu werden. Nach dem Schulabschluss an der Realschule St. Elisabeth begann meine erste Ausbildung an der Zürich Tanztheater Schule, die ich nach einem Jahr für das Performance Year verliess. Mit 19 Jahren und dem Abschluss der ersten Tanzausbildung fühlte ich mich noch nicht bereit für das professionelle Leben und hängte nochmals ein Studium an der Hochschule für Kunst in Amsterdam an, das ich 2004 mit einem Bachelor of Dance abschloss.

2005 zog ich nach Berlin, wo ich heute noch lebe.

Meine ersten ein, zwei Jahre in Berlin waren sehr frei und geprägt von Tanzjobs in der freien Szene, Nebenjobs, um Geld zu verdienen, dem täglichen Training, und einem gewissen Laisse-faire in positiven und manchmal weniger positiven Sinne.

Kurz darauf habe ich meinen jetzigen Mann Brendan und die Welt kennengelernt. Während des ersten Jahres sind wir uns sozusagen hinterher gereist. Er hatte Jobs in Australien und den Arabischen Emiraten, ich habe als Teil eines Stipendiums an einem Auslandsaustausch in Argentinien teilgenommen.

Es folgten gemeinsame weltweite Engagements mit den Pyrolegenden Group F. In dieser Zeit habe ich immer öfter als Aerialistin (Luftakrobatik) gearbeitet und darin mein Fach gefunden.

Für Brendan hat sich 2008 das Performen erledigt und er hat die Firma battleROYAL gegründet. Ich war von Anfang an Teil der Operation und werde mich immer an unser erstes Mini-Office aus Bierbank und provisorischem Schreibtisch erinnern. Die battleROYAL Familie ist schnell gewachsen und damit auch die Projekte. Meine Aufgabe war neben dem Tanzen hauptsächlich die Organisation und das Management der Künstler. Später habe ich dann das Label SLIKK Showacts geleitet. Ich performe mittlerweile weniger, aber bin bis heute für battleROYAL und Group F tätig. Das Management von SLIKK Showacts habe ich dieses Jahr aufgegeben, um mich voll und ganz auf das Fitness Coaching zu konzentrieren.

battleROYAL, Abu Dhabi National Day
battleROYAL MADSACK Proben

Gab es bestimmte Ereignisse oder Stationen, die für Ihren Werdegang prägend waren?

Ich werde mich immer an den Moment erinnern, als ich in der Theatergarderobe im TaK Schaan zusammen mit Beatrice Herzog gestanden und wir uns gemeinsam dazu entscheiden haben, den Werdegang für eine professionelle Laufbahn als Tänzerinnen einzuschlagen.

Gab es bestimmte Personen, die für Ihren Werdegang prägend waren?

Prägend waren auf jeden Fall Jaqueline Beck und Beatrice Herzog, die mich zwischen 12 und 16 unermüdlich unterstützt haben. Sie haben die Entscheidung massgeblich mitgetragen und mir die nötige Motivation gegeben. Weiter hat mein jetziger Mann meinen Werdegang bedeutend geprägt.

 

Hat Sie Ihr Umfeld in Ihrem Werdegang unterstützt?

Ich habe immer sehr viel Unterstützung erhalten. Das lag sicher auch daran, dass ich schon früh wusste, was ich wollte. Während meiner Studienzeit in Amsterdam musste ich mich vor allem selber unterstützen und habe sicher die eine oder andere Lebenslektion gelernt.

Später hat mich vor allem mein Mann in allen meinen Entscheidungen mit Rat und Tat unterstützt. Wir kommen beide aus der gleichen Branche, was viel Verständnis für die manchmal unvorhersehbare Entwicklung des Werdegangs mitbringt.

Choreografie Jacqueline Beck, TAK

Welchen Tätigkeiten gehen Sie derzeit nach?

Ich arbeite als selbstständige Personal Trainerin und Fitness Coach.

 

Erfüllt Sie das, was Sie derzeit machen?

Es erfüllt mich die meiste Zeit. Jeder Tag birgt etwas Neues in sich. Besonders jetzt während der Corona-Krise. Ich finde eine Erfüllung darin, wieder mit meinem Körper zu arbeiten und andere Menschen dabei zu unterstützen, eine Verbindung zu ihrem Körper aufzubauen.

 

Denken Sie, dass Sie selbst darauf einen Einfluss haben, ob Ihre Tätigkeiten erfüllend sind?

Nicht jeder Tag der Tätigkeit muss unbedingt erfüllend sein. Das wäre ein sehr hoher Anspruch. Ich glaube eher daran, dass man sich bewusst einer Tätigkeit hingeben sollte, kontinuierlich reflektiert und offen für Veränderung bleibt.

Was oder wer inspiriert Sie im Alltag?

Mich inspirieren vor allem Momentaufnahmen meines Alltags. Zum Beispiel wenn ich mit dem Velo irgendwohin fahre und ich die wunderschönen Herbstbäume auf meinem Weg sehe.

Dieser Moment hat keine Vergangenheit und keine Zukunft, es ist eine Momentaufnahme des Jetzt. Ich muss nichts hineininterpretieren oder einen grösseren Sinn erkennen. Es ist einfach nur geballte Schönheit, die ich bewusst wahrnehmen kann. Dieser Moment des Einklangs empfinde ich als sehr inspirierend.

Was oder wer gibt Ihnen im Alltag Kraft und Energie?

Mir gibt eine tägliche Routine Kraft und Energie.

Group F, Ashgabat, 5th Asian Indoor and Martial Arts Games - Opening Ceremony

Es gibt «magische Momente», in denen alles zu passen scheint. Momente, die erfüllen, inspirieren und Kraft geben. Momente, die bestätigen, dass sich der Einsatz lohnt und dass das, was man macht, sinnhaft und wertvoll ist. Haben Sie solche Momente in Bezug auf Ihre eigenen Tätigkeiten schon erlebt?

In Bezug auf meine jetzige Tätigkeit habe ich einen solchen Moment direkt noch nicht erlebt. Aber ich trainiere beispielsweise täglich selber. Vereinzelt erlebe ich während eines Workouts einer dieser magischen Momente. Es passt alles zusammen, ich bin mir des Moments, meines Körpers und meines Geistes voll bewusst. Ich empfinde Klarheit und meine Gedankenwelt ist still.

Es ist nicht einfach so einen magischen Moment zu beschreiben. Ich kenne ihn aber und es ist mir ein Anliegen, meine Kunden durch meine Tätigkeit daran teilhaben zu lassen.

battleROYAL Softlanding (2015)

Gibt es Momente, in denen Sie an dem, was Sie machen, zweifeln?

Momente der Zweifel gibt es ständig. Ich versuche, diesen Momenten Platz und Zeit zu geben. Vielleicht einfach mal zwei Tage nachdenklich zu sein oder weniger Energie zu haben. Die Gewissheit, dass es ein Teil der Entwicklungslinie ist, hilft, damit umzugehen.

Ich weiss aber, dass das nicht immer einfach ist und die Zweifel auch in eine Verzweiflung umschlagen können. An diesem Punkt ist Unterstützung von aussen wichtig.

 

Wie gut können Sie von dem, was Sie beruflich tun, leben?

Da ich mich mitten in der Corona-Krise zu einem Berufswechsel entschieden habe, kann ich noch nicht davon leben. Ich befinde mich aber in einer sehr privilegierten Situation und kann meine Tätigkeit organisch wachsen lassen.

battleROYAL Aufführungen

Gibt es etwas, das Sie derzeit besonders beschäftigt?

Die nebulöse Ungewissheit der jetzigen Zeit beschäftigt mich sehr. Ich finde es schwierig in einem Zustand von Normalität und Sorge zu schweben.

 

Wofür sind Sie im Leben besonders dankbar?

Ich bin besonders dankbar dafür, dass ich so viele Freiheiten in meinem Leben habe. Und dass es Menschen in meinem Leben gibt, die mich inspirieren und bereichern.

NCHAVANCE, Groupe F, MarieAntoinette (2018)

Interview
Laura Hilti, Dezember 2020


Illustrationen

Stefani Andersen


Links

www.susana-beiro.com
www.battleroyal.berlin
www.groupef.com

 

Credits
Portraitfoto, battleROYAL Abu Dhabi/ Softlanding: Brendan Shelper
battleROYAL MADSACK: Paul Gärtner
Choreografie Jacqueline Beck, Foto 2 + 3: Brigit Risch
battleROYAL Aufführungen, Foto 1 + 3: Marcel Schwickerath
battleROYAL Aufführungen, Foto 2 + 4: Michael Adam Costey
NCHAVANCE: Groupe F

Alle anderen Fotos: privat


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Dieses Interview ist Teil des Projekts «Magic Moments» des Kunstvereins Schichtwechsel, in dessen Rahmen Menschen zu ihrem Werdegang, ihren Tätigkeiten sowie magischen und schwierigen Momenten befragt werden.

Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung Liechtenstein und die Stiftung Fürstl. Kommerzienrat Guido Feger.

 

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