Übrigens bin ich davon überzeugt, dass das Publikum erheblich differenziertere, interessantere und auch überraschendere Forderungen an die Kunst stellt, als dies gewöhnlich von jenen angenommen wird, die über die Verbreitung von Kunstwerken entscheiden. Deshalb kann jede, selbst die komplizierteste und elitärste Auffassung von Kunst zumindest ein gewisses, wenn auch manchmal bescheidenes Publikum finden. Ja, sie ist dazu regelrecht verdammt. Der Streit darüber, ob ein bestimmtes Kunstwerk den sogenannten «breiten Massen», jener mythischen Mehrheit, nun auch wirklich verständlich sei, vernebelt dagegen nur das tatsächliche Verhältnis des Künstlers zu seinem Publikum, das heisst zu seiner Zeit.

Tarkowskij, Andrej (2009, org. 1984)): Die versiegelte Zeit. Gedanken zur Kunst, zur Ästhetik und Poetik des Films. Berlin, Alexander Verlag Berlin: 239.

 

Andrej Tarkowskij (1932-1986), studiert von 1954 bis 1960 an der Moskauer Filmhochschule VGIK. Bereits sein Spielfilm-Debüt „Iwans Kinderheit“ wird 1962 in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Sein 1964-1966 gedrehter Film „Andrej Rubljow“ wird von der sowjetischen Zensur jahrelang behindert und erst 1973 für den Export freigegeben; der Film wird unter sowjetischem Protest vom französischen Verleiher 1969 in Cannes mit grossem Erfolg präsentiert. 1972 erhält Tarkowskij dort für seinen Science-Fiction-Film „Solaris“ die Goldene Palme. Zu seinen bedeutensten Filmen gehören „Der Spiegel“ (1974) und „Stalker“ (1978/79), die erneut von der sowjetischen Zensur angegriffen wurden. Nach den italienischen Dreharbeiten zu „Nostalghia“ emigriert Tarkowskij 1983 nach Frankreich. Sein letzter Film, „Opfer“, wird in Cannes 1986 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Im gleichen Jahr stirbt Tarkowskij in Paris.

 

Quelle Bild: daoweg.wordpress.com

Quelle Biographie: Siehe oben (Die versiegelte Zeit)