Paul Celan an Ingeborg Bachmann, Paris, 26.–27. 10. 1957

In Mundhöhe, fühlbar: Finstergewächs.

(Brauchst es, Licht, nicht zu suchen, bleibst das Schneegarn, hältst deine Beute.

Beides gilt: Berührt und Unberührt. Beides spricht mit der Schuld von der Liebe, beides will da sein und sterben.)

Blattnarben, Knospen, Gewimper. Äugendes, tagfremd. Schelfe, wahr und offen.

Lippe wusste. Lippe weiss. Lippe schweigt es zu Ende.

 

Herzzeit. Ingeborg Bachmann – Paul Celan. Der Briefwechsel. Mit den Briefwechseln zwischen Paul Celan und Max Frisch sowie zwischen Ingeborg Bachmann und Gisèle Celan-Lestrange. Herausgegeben und kommentiert von Bertrand Badiou, Hans Höller, Andrea Stoll und Barbara Wiedemann. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag (2008): S. 61.

 

Buchbeschreibung Suhrkamp

«Laß uns die Worte finden.»

«Du warst, als ich dir begegnete, beides für mich: das Sinnliche und das Geistige.» Paul Celan an Ingeborg Bachmann

Die Liebesbeziehung zwischen den beiden bedeutendsten deutschsprachigen Dichtern nach 1945 beginnt im Wien der Nachkriegszeit. Bachmann studiert dort Philosophie, für Paul Celan ist Wien eine Zwischenstation. Im Mai 1948 lernen sie einander kennen, Ende Juni geht er nach Paris. Ihr Briefwechsel nach der Trennung ist zuerst schütter, verläuft zögernd, dann setzt er sich fort in immer neuen dramatischen Phasen. Jede dieser Phasen hat ihr eigenes Gesicht: ihren besonderen Ton, ihre Themen, ihre Hoffnungen, ihre Dynamik, ihre eigene Form des Schweigens. Ende 1961 brechen das briefliche Gespräch und die persönlichen Begegnungen ab, als sich Celans psychische Krise auf dem Höhepunkt der >Goll-Affäre< zuspitzt.

Der Briefwechsel zwischen 1948 und 1961 (ein letzter Brief Celans datiert aus dem Juni 1967) ist ein bewegendes Zeugnis: zunächst als das Gespräch einer Liebe nach Auschwitz mit allen symptomatischen Störungen und Krisen aufgrund der so konträren Herkunft der beiden und ihrer schwer zu vereinbarenden Lebensentwürfe als Frau und als Mann und als Schreibende. Aber es ist auch ein Ringen um Freundschaft oder um wenigstens irgendeine Beziehung. Ergänzend zu den beinahe zweihundert Zeugnissen ihrer Korrespondenz wurden die Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Gisèle Celan-Lestrange sowie zwischen Paul Celan und Max Frisch in den Band aufgenommen.

 

Quelle Gedicht: copenhagenreview.com

Quelle Buchbeschreibung: www.suhrkamp.de

Quelle Bild: bachmannpreis.eu