«Es geht darum, sich mit den sogenannten Opfern einer Krise auf die selbe Augenhöhe zu bewegen, mit ihnen als Menschen zu reden, nicht als Statistiken oder Opfer – als ein ebenbürtiger Mensch, der Kapazitäten hat, der beitragen will, der im Grunde ja auch keine Almosen haben, sondern sich sein Leben selber gestalten will.»

«Genau darum geht es, Menschen wieder zu Menschen zu machen, ihnen die Möglichkeiten zu geben, nicht 90% der Zeit damit zu verbringen, Wasser und Lebensmittel abzuholen.»

«Es geht darum, dass wir als Weltgemeinschaft mit diesen Krisen umgehen, die uns im Augenblick ja überfordern. Wir leben auf einer Welt, auf einem Globus und wir können es nicht mitansehen, dass ein grosser Teil der Bevölkerung dieser Welt ausgegrenzt ist. Und das ist ja auch das grosse Thema im Bereich Migration und Flucht: Wie können wir unsere Ressourcen gleichwertiger verteilen?»

«Ein ganz wichtiges Prinzip ist es, wegzukommen vom Opfer- und Almosendenken. Ich kann mich erinnern, dass ich im Lager Zaatari das erste Mal darüber gesprochen habe, dass Leute ja eigentlich für den Strom und das Wasser bezahlen könnten. Da gab es dann ganz grosse Augen unter den Hilfsorganisationen: ‹Nein das sind doch Flüchtlinge, die können doch nicht dafür zahlen.› Und da ist natürlich genau das Argument, es gibt ja nichts Menschenwürdigeres als eine Rechnung zu bezahlen, dafür verantwortlich zu sein, was ich benutze und was ich in dieser Welt brauche.»

Kilian Kleinschmidt hat mehrere Jahrzehnte als Nothelfer für die Uno gearbeitet. Er war in Sri Lanka und im Kosovo, in Somalia und im Kongo, in Kenia und im Süd-Sudan. Berühmt wurde er als so genannter „Bürgermeister von Saatari“ – Kleinschmidt leitete das größte Camp für syrische Flüchtlinge in Jordanien.

Vor einem halben Jahr hat er bei der Uno gekündigt und leitet nun sein eigenes Unternehmen, in dem er Privatwirtschaft und Entwicklungshilfe verbinden will.

Wie kann Flüchtlingen geholfen werden? Warum nimmt Entwicklungshilfe den Menschen die Würde? Und wie hilft sich der Helfer selbst?

Darüber redet Susanne Führer mit Kilian Kleinschmidt in der Sendung Im Gespräch am 30.04.2015, 9:07 bis 10 Uhr, im Deutschlandradio Kultur:

Interview mit Kilian Kleinschmidt vom 30.4.2015 (53min)

 

kleinschmidt

 

Artikel über das „Zaatari refugee camp: Rebuilding lives in the desert“ von BBC News Middle East

Auszug:

Kilian Kleinschmidt, der das Camp für die UN wie ein Bürgermeister beaufsichtigt, sagt dass es ein „unglaublich komplexer Job“ ist, eine temporäre Stadt mit 25’000 Haushalten zu betreiben.

Jeden Tag Essen, Wasser, Unterkunft und Gesundheitsversorgung für tausende von Menschen bereitzustellen ist eine Herausforderung, aber es ist wichtig, dass man den Menschen ihre Würde zurückgibt und eine Zukunft anbietet.

„Jeder hier ist bis zu einem gewissen Grad traumatisiert. Es gibt zu viele Familien, bei denen eine ganze Generation ausgelöscht wurde.“

 

Quellen

Bilder: Zaatari refugee camp: BBC News Portrait Kilian Kleinschmidt: vebidoo.de