Die Museen sind traditionell auf Ausstellungen fixiert und nicht auf das, was in den Ausstellungen geschieht oder geschehen könnte. Um das Publikum anzulocken, das oft nur als statistische Grösse (Besucherzahlen) eine Rolle spielt, werden die Ausstellungen im Takt der Eventkultur immer sensationeller und schnellebiger. Vorträge und Führungen flankieren die Ausstellungen. Exkursionen und Einladungen an den Verein der Freunde runden das Programm ab. Und doch macht diese Aktivität […] das Publikum passiv oder hält es im Zustand loyaler Passivität. Das Museum wirbt letztlich für seine eigenen Anliegen, an denen es das Publikum nicht beteiligten will. Es versteht sich als Tempel, in dem Priester den Gläubigen die Gelegenheit zum Opfer darbieten, und nicht als ein Forum, auf dem Bürger miteinander diskutieren. (91)

Ist es überhaupt möglich, dem Publikum andere Rollen anzubieten und welche Rollen könnten dies sein? […] Die Mobilisierung einer kritischen Öffentlichkeit in den Räumen des Museums ist ein überfälliges Programm, das nur in ersten Versuchen angegangen werden kann. Aber gerade dabei muss die Ausstellungserfahrung, in dem man sie als diskursives Angebot für aktuelle und für kontroverse Themen begreift, der Auslöser bleiben.

Belting, Hans (2001): Orte der Reflexion oder Orte der Sensation. In: Peter Noever (Hg.): Das diskursive Museum. Ostfildern-Ruit, Hatje Cantz Verlag: 82-94.

 

Hans Belting (* 7. Juli 1935 in Andernach) ist ein deutscher Kunsthistoriker und Medientheoretiker mit Schwerpunkt im Bereich der Bildwissenschaft, in der Moderne und Medienkunst sowie in der italienischen Kunst des Mittelalters und der Renaissance.

 

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